Das Rittergut Sachsendorf

Erfahren Sie hier, wie weit sich das Rittergut Sachsendorf früher erstreckte, wie das Rittergut organisiert war

und welches tragische Schicksal Dr. Friedrich Gustav Hübel ereilte.

Zum Anhören - Das Rittergut Sachsendorf: Audio
Text - Das Rittergut Sachsendorf

Das Rittergut Sachsendorf


Die Geschichte des Rittergutes ist nachweislich bis in das Jahr 1333 bekannt. Zu der Zeit wird in einer Urkunde des Burggrafen von Leisnig ein gewisser Conrad von Sachsendorf als Zeuge erwähnt. Conrad von Sachsendorf war erster adeliger Besitzer der Sachsendorfer Flure und ließ auf seinem erworbenen Grundbesitz Wohngebäude und Ställe errichten.

Nach Görge von Canitz gehörte das Rittergut um 1469 Hans von Canitz. Das Adelsgeschlecht „von Canitz“ entstammte dem Ort Canitz bei Oschatz und besaß im 15. und 16. Jahrhundert Rittergüter in mehreren Orten der Wurzener Pflege. Neben Sachsendorf und Wäldgen waren dies Rittergüter und Fluren in Zschorna, Thallwitz, Püchau, Trebelshain, Burkartshain und Mühlbach. 

1514 verkaufte Bernhard von Stentzsch das Rittergut Sachsendorf und das Herrenhaus Wäldgen an Friedrich von Saalhausen auf Trebsen. 

Um 1550 war Hans von Minkwitz hier ansässig und verkaufte das Rittergut an Hans von Holleufer. In dessen Besitz befanden sich auch die Rittergüter Burkartshain und Mühlbach. Er wurde 1565 in der Kirche Burkartshain beigesetzt. 

1611 erwarb Samuel Moßbach das Rittergut und weitere Ländereien auf Sachsendorfer Fluren von Wolf Dietrich von Schleinitz.

1790 ließ Johann Augustin Petzsch das Herrenhaus großartig und geschmackvoll im Renaissance-Stil erbauen. Es verfügte über 2 Wohnetagen mit einem Mansardendach und wurde in der Längsachse in östlich-westlicher Richtung erbaut. Zudem wurde ein großer Garten angelegt, der durch den Mühlbach in zwei Teile geteilt wurde. 


Eine Blütezeit erlebte das Rittergut im 19. Jahrhundert unter der Herrschaft der Familie „Herfurth“ und später unter Familie „von Hübel“. Der promovierte Jurist Gustav Hübel (1828-1883) war 1858 vom sächsischen König Johann zum Regierungsrat in Zwickau ernannt worden. 1865 wurde ihm die Zweite Amtshauptmannschaft der Kreisdirektion Leipzig übertragen. In dieser Funktion war Hübel Vorsteher der Amtsbezirke Wurzen, Oschatz, Strehla, Wermsdorf, Grimma, Lausigk und Brandis, die zu der Zeit ca. 100.000 Einwohner umfassten. 1872 erwarb Hübel das Rittergut Sachsendorf von der Familie Herrfurth und wurde kurze Zeit später von König Albert zum Kreishauptmann der Kreishauptmannschaft Zwickau ernannt. Dr. Gustav Hübel hatte damit umfängliche Aufgaben und Verantwortungen übertragen bekommen, die er bis zu seinem tragischen Tod erfüllte. Hübel starb während einer offiziellen Reise des sächsischen Königs durch die Kreishauptmannschaft Zwickau. Darüber ist folgendes berichtet:


Der königliche Fabrikbesuch […] kam in Mylau in der Fabrik Georgi u. Co. zu einem unglücklichen Abschluß und damit die Reise zu einem unerwartet raschen Ende. Die Herren befanden sich im zweiten Stock und stellten sich unter Leitung des Fabrikdirektors auf den Fahrstuhl, um in den dritten Stock zu gelangen. Statt aufwärts geht der Stuhl abwärts und prallt auf den Boden. Hierdurch hakt oben ein zwei Zentner schweres Gewicht aus, welches, neben dem König, dem Kreishauptmann Dr. (Friedrich Gustav) Hübel den Schädel, dem Fabrikdirektor den Arm zerschlägt. 

(Der Sozialdemokrat, Nr. 30 vom 19.7.1883)


Das Rittergut Sachsendorf blieb nach Hübels Tod in Familienbesitz und wurde unter seiner Witwe und den Nachfolgern weiter ausgebaut. Auch Paul Gustav Leopold Hübel machte Karriere im sächsischen Staatswesen und war ab 1901 auf Lebenszeit gewähltes Mitglied der Ersten Kammer des sächsischen Landtages. 1907 wurde er in den Adelsstand erhoben. Unter ihm und seiner Mutter wurde das Rittergut umfassend umgestaltet. Davon zeugen heute leider nur noch das Inspektorenhaus sowie die Villa im Park und das erhaltene Kutscherhaus. Die Villa entstand um 1905 im Jugendstil mit neogotischen Elementen. Das Inspektorenhaus diente als repräsentativer Amtssitz des Gutsverwalters. Seine massiven Mauern lassen sich auf das 18. Jahrhundert zurückführen, um 1905 wurde es erweitert und im Heimatstil/ Historismus umgestaltet. 


Zum Rittergut gehörten früher auch noch eine Brennerei, eine Gärtnerei, der Speicher für Saatgut und Feldfrüchte, das Sägewerk, die Gutsschäferei und weitere Stallungen sowie ausgedehnte Flächen für Landwirtschaft, Teich- und Forstwirtschaft.


1945 erfolgte die Enteignung der Familie von Hübel bzw. von Eschwege. 

1948 wurde das Herrenhaus im Zuge der sozialistischen Bodenreform gesprengt und abgerissen. 


Wie war das Rittergut organisiert?


Im 15. Jahrhundert begann die ursprüngliche Geschichte der Herrengüter in Sachsen mit gerichtsherrlichen Befugnissen. Das Rittergut bezeichnete dabei ein vom Landesherrn vergebenes Lehen an adlige Gefolgsleute, das u.a. mit der Pflicht zum berittenen Kriegsdienst verbunden war. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts unterschied man in „amts- und schriftsässigen“ Adel, was Auswirkungen auf den jeweiligen Gerichtsstand, die militärische Dienstpflicht, die Teilnahme am Landtag und die Steuerhoheit hatte. 

Das Rittergut Sachsen war ein „altschriftsässiges Rittergut“ und bildete damit eine privilegierte Kategorie des Landadels. So war man der Landesherrschaft unmittelbar unterstellt und von den Diensten und Abgaben an die Ämter befreit. Das Rittergut Sachsendorf genoss somit mehr Rechte, Privilegien und eine größere Unabhängigkeit gegenüber den Landesbehörden, zudem besaß es die hohe Gerichtsbarkeit (Blutgerichtsbarkeit) über Sachsendorf, Mark Schönstädt, Streuben, Wäldgen und Weiberswalde (bei Mutzschen). Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die sächsische Justiz verstaatlicht und die Gerichtsbarkeit des Ritterguts ging an das Justizamt Mutzschen über. 


Ebenfalls im 19. Jahrhundert wurden mehr und mehr Rittergüter und Adelssitze von wohlhabenden, nichtadeligen Bürgern übernommen. Dabei waren diese Rittergüter jedoch nicht nur prestigeträchtige Wohnsitze, sondern wichtige landwirtschaftliche Zentren. Zudem übten die Rittergutsbesitzer meist wichtige Funktionen im politischen Bereich aus und waren Patronatsherren der hiesigen Kirchen.

Bilder - Das Rittergut Sachsendorf
  • Postkarte um 1920
Menü